iOS 8: Neue Möglichkeiten

By Morten Bek Ditlevsen | Jun 19 2014

Wie den meisten von Ihnen bekannt sein dürfte, hat Apple Entwicklern am 2. Juni, dem ersten Tag der Entwicklerkonferenz WWDC, das Betriebssystem iOS 8 vorgestellt.

Die Präsentation wurde öffentlich bereitgestellt, so dass unserer Ansicht nach eine Diskussion über einige der wichtigsten Features von iOS 8 möglich ist, ohne gegen die Geheimhaltungsvereinbarung zu verstoßen.

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Verträge und Lizenzvereinbarungen – Familienfreigabe

Zuallererst ist vielen von Ihnen sicherlich aufgefallen, dass Sie sowohl eine neue Entwicklerlizenzvereinbarung als auch einen neuen Vertrag unterzeichnen mussten.

Die Lizenzvereinbarung umfasst einige Änderungen an den Bestimmungen von Apple bezüglich In-App-Käufen. Wir von Visiolink gehen nicht davon aus, dass diese Änderungen auch nur einen von Ihnen betreffen werden. Kurze Info zum Inhalt dieser Änderungen: Apple eröffnet die Möglichkeit, In-App-Käufe mit virtuellen Währungen zuzulassen.

Die vertraglichen Änderungen könnten für einige von Ihnen von Interesse sein. Apple führt die so genannte „Familienfreigabe“ ein. Dieses Feature ermöglicht es, mehrere Apple-Accounts miteinander zu verbinden, so dass diese erworbene Inhalte gemeinsam nutzen können.

Bereits heute können Sie denselben Account auf mehreren Geräten verwenden, wenn jedoch dieser Account auch für private E-Mails etc. genutzt wird, ist dies ggf. nicht besonders praktisch. Mit der Familienfreigabe können bis zu sechs Accounts miteinander verbunden werden.

Sobald sie miteinander verbunden sind, können Käufe von einem Account auch von den anderen Accounts verwendet werden.

Die meisten von Ihnen nutzen kostenlose Apps, auf die dies keinen direkten Einfluss hat, aber wir sind davon überzeugt, dass sich dieses neue Feature auch auf In-App-Käufe auswirken wird. Wir gehen davon aus, dass dadurch ein Familienmitglied ein Zeitungsabonnement erwerben kann, das dann weitere Familienmitglieder auf einem Gerät mit einem anderen Account nutzen können.

In dem Vertrag werden Sie von Apple gefragt, ob Sie diese Form der gemeinsamen Nutzung zulassen möchten und ob Sie das Feature nur für die Zukunft oder auch für bereits erworbene Apps bereitstellen werden. Diese Entscheidung liegt natürlich allein bei Ihnen.

Nun zu einer der für uns Entwickler bedeutsameren Bekanntgaben:

Swift – eine vollständig neue und moderne Programmiersprache

Apple hat in den letzten Jahren unter völliger Geheimhaltung an einer neuen Programmiersprache gearbeitet. Die Vorstellung von Swift war eine totale Überraschung – und für uns Entwickler eine äußerst vielversprechende Neuerung. Die neue Sprache verfügt über sämtliche Konstrukte, die man von einer modernen Programmiersprache erwarten würde – und Apple hat die Sprache unter Berücksichtigung seiner Frameworks und iOS/OSX-Plattformen so entwickelt, dass viele Aspekte der Sprache sich perfekt in die Plattform einfügen.

Und was bedeutet das für Sie? Nun, nicht allzu viel. Zunächst einmal setzt die neue Sprache Grenzen bezüglich der iOS-Zielversion, so dass beispielsweise eine App, die mit Swift programmiert wurde, nicht unter iOS 5 verfügbar wäre. Natürlich experimentieren wir damit, um herauszufinden, wo und wie wir Swift einsetzen können – und wir haben viele Ideen, wie wir die Features der Sprache für die neueren iOS-Versionen nutzen können. Für die App selbst wird es voraussichtlich nicht viele Änderungen geben, allerdings lassen sich einige Teile des Codes allein durch die Verwendung der neuen Sprache beschleunigen; außerdem ist die Sprache darauf ausgelegt, bestimmte Arten von Programmierfehlern zu verhindern.

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Verbesserungen am Workflow zum Testen von Apps

Die meisten von Ihnen haben bereits irgendwann die UDID Ihres iPads oder iPhones suchen müssen, um eine Vorschau Ihrer App auf Ihrem Gerät zu installieren. Außerdem kennen Sie sicher die berühmt-berüchtigte Beschränkung auf 100 UDIDs, die sich zum Entwicklerportal hinzufügen lassen – und die mangelnde Flexibilität des aktuellen Systems, das eine Bereinigung hinzugefügter UDIDs nur einmal im Jahr zulässt!chafft die Bindung zwischen UDID und Gerät ab. Stattdessen wird ein Beta-Build mit Benutzern verknüpft (die jeweils mehrere Geräte nutzen können). Des Weiteren wird der Workflow so unterteilt, dass in der Entwicklungsphase 25 interne Entwickler auf interne Builds zugreifen können. Sobald wir mit einem internen Build zufrieden sind, können wir es an einen BETA-Test mit nicht weniger als 1.000 Benutzern (mit jeweils mehreren Geräten!) weitergeben.

Wir konnten diese großartige neue Funktion bislang noch nicht testen, so dass dieser Workflow noch einige unbekannte Faktoren enthält. Beispielsweise gibt es eine „Review“-Stufe, wenn eine App an den Beta-Test gesendet wird. Apple hat noch keine Angaben dazu gemacht, ob es sich bei diesem Review um eine automatische Prüfung handelt oder ob menschliches Eingreifen erforderlich ist, daher sind wir natürlich sehr neugierig auf erste praktische Versuche.

Weiterhin gibt es noch keine Informationen darüber, ob der neue Grenzwert von 1000 Benutzern pro App, pro Account oder pro App-Version gilt – auch hier ist also noch einiges im Unklaren.

In diesem Jahr hat Apple das Unternehmen, das hinter dem TestFlight-Service steht, übernommen. Dieser Service wird jetzt in die Workflows von Apple integriert, um ihn als Bereitstellungsmechanismus für neue Test-Builds nutzen zu können. Das bedeutet, dass die Installation neuer Builds erheblich einfacher wird. Sie können Links zur Installation per E-Mail erhalten, und nach der ersten Installation erhalten Sie Push-Nachrichten, die Sie über neue Test-Builds informieren. Der Beta-Status von Beta-Apps wird offenbar mit einem kleinen orangefarbenen Punkt auf dem Startbild angezeigt, so dass Verwechslungen von Beta-Versionen mit der produktiven Version einer App ausgeschlossen werden.

Die Lockerung von Einschränkungen und die Ergänzung von Workflows im Bereich der Beta-Tests sind ein großer Schritt in die Richtung einer optimalen Zusammenarbeit zwischen Ihnen und uns – und ein Schritt, den wir sehr begrüßen. :-)

Neue Datenquelle für Business Intelligence

Apple hat kurz umrissen, dass Sie in der Zukunft in der Lage sein werden, wesentlich detailliertere Informationen zu Ihren iOS-Benutzern innerhalb von iTunes Connect zu erhalten. Voraussichtlich werden Sie in der Lage sein, die Downloads insgesamt, die aktiven Benutzer, die App-Bindung (wie häufig Benutzer für welchen Zeitraum zu Ihrer App zurückkommen) nachzuverfolgen.

Wir hoffen, dass es möglich sein wird, automatische Exporte dieser Daten zu generieren, um eine weitere umfassende Informationsquelle für ein größeres BI-Center zu erschließen.

App-Erweiterungen

Apple erweitert durch das Hinzufügen von „App-Erweiterungen“ die Möglichkeiten der Kommunikation von Apps untereinander zwischen Apps und Benutzern. Es gibt verschiedene Arten von Erweiterungen, die an verschiedenen Stellen des Betriebssystems ansetzen. Zwei davon sollen hier genauer betrachtet werden:

Today-Erweiterungen

Dabei handelt es sich um Widgets, die in der Mitteilungszentrale Ihres iPads oder iPhones angezeigt werden. Es lässt sich leicht vorstellen, diese Erweiterung für die Aufmacher des Tages, Eilmeldungen oder andere Informationen zu nutzen, um den Benutzern Neuigkeiten „auf einen Blick“ zu präsentieren und es ihnen zu ermöglichen, in die App zu wechseln, um die Nachricht in voller Länge zu lesen.

Ein Mock-Up, wie diese Informationen präsentiert werden können, finden Sie hier.

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Share-Erweiterungen

„Share-Erweiterungen“ können zusammen mit Apps für soziale Netzwerke zum System hinzugefügt werden. Das bedeutet, dass beispielsweise LinkedIn eine Erweiterung zum Teilen erstellen könnte (und ich vermute, dass daran bereits fieberhaft gearbeitet wird) – und diese Erweiterung würde dann automatisch zu allen Apps hinzugefügt, die das Teilen von Artikeln unterstützen.

Bislang haben viele von Ihnen sorgfältig abgewogen, für welche Services Teilen möglich sein sollte, und die Vorgehensweise war sehr umständlich, da man eine „Facebook-App“ oder ein „Gemeinsames Geheimnis bei Twitter“ registrieren musste etc. pp. All diese Schritte übernehmen jetzt die Erweiterungen selbst, so dass Teilen einfacher geht als je zuvor. Statt also zu überlegen, für welche Services Teilen zulässig sein soll, sollten Sie offensichtlich jetzt einfach nur entscheiden: möchten wir das Teilen des Artikels zulassen – und es dann den Benutzern überlassen, welchen Service sie mit wem teilen möchten.

Handoff

Handoff ist ein Eckpfeiler des neuen Konzepts „Continuity“ von Apple – das eine reibungslose Integration von Mac- und iOS-Geräten ermöglicht. „Handoff“ gehört nicht zu den Funktionen, deren Einführung wir derzeit planen, aber es werden sich daraus in Zukunft sicherlich einige interessante Features für Benutzer und Entwickler ergeben. „Handoff“ ermöglicht es Benutzern, auf einem Gerät wie iPhone oder iPad zu arbeiten und anschließend auf einen Mac zu wechseln und dort die Arbeit fortzusetzen. Oder umgekehrt: Wenn Sie auf Ihrem Mac arbeiten und das Büro verlassen müssen, nehmen Sie einfach Ihr iPad und setzen Sie Ihre Arbeit dort weiter fort, wo Sie aufgehört haben. 

Gerüchte, Gerüchte ...

Viele von Ihnen haben sicherlich das Gerücht gehört, dass das nächste iPhone (vermutlich mit der Bezeichnung iPhone 6) mit anderen Bildschirmgrößen auf den Markt kommen wird. Uns liegen natürlich keine diesbezüglichen Informationen vor, aber es scheint tatsächlich im Bereich des Möglichen zu liegen, mit der Entwicklung für neue Bildschirmformate zu beginnen. Das ist jedoch nicht ganz einfach, da wir natürlich keinen Anhaltspunkt haben, um welche Bildschirmgrößen es sich handeln wird. Zweifellos denken wir natürlich intensiv darüber nach, da es den Anschein hat, dass die Apple-Gerätefamilie sich immer mehr in Richtung vieler verschiedener Bildschirmgrößen entwickelt – was sich wiederum definitiv auf das erforderliche Layout Ihrer App auswirkt. Es kann sehr gut dazu kommen, dass es nicht mehr „ein iPhone-Layout, ein iPad-Layout“ gibt, sondern ein anpassungsfähiges Layout mit allen Möglichkeiten UND Einschränkungen, die dies mit sich bringt.

Darüber hinaus werden diese neuen Bildschirmformate selbstverständlich ausschließlich für iOS 8 unterstützt, sodass dies eine echte Herausforderung für die problemlose Nutzung von Apps darstellt, die auch auf früheren Betriebssystemversionen ausgeführt werden können.

Außerdem: Gerüchte besagen, dass Apple eine Form von „Split Screen Multitasking“ einführen wird, das eine parallele Ausführung von mehreren Apps gleichzeitig ermöglicht. Apple hat nichts über dieses Feature und seine Funktionsweise verlauten lassen. Falls und wenn dieses Feature hinzugefügt wird, werden wir selbstverständlich erwägen, ob eine Implementierung in Zeitungs- und Zeitschriften-Apps sinnvoll ist.

Fazit

Insgesamt betrachtet hielt die WWDC-Präsentation viele großartige Überraschungen bereit – und wir freuen uns darauf, enger mit Ihnen zusammenzuarbeiten, um herauszufinden, wie wir die neuen Features nutzen können, um noch bessere Apps für Ihre Kunden zu entwickeln.

 

Morten Bek Ditlevsen

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Morten Bek Ditlevsen