Großes ungenutztes Potenzial bei ePapers

By Jens Funder Berg | Dez 11 2014 | Insights

Wenn sich die Auflagenzahlen einer typischen Tageszeitung fortlaufend im Sinkflug befinden, freuen sich die redaktionelle und kommerzielle Leitung gleichzeitig darüber, dass die Anzahl der digitalen Nutzer von Internet, Tablet und Smartphone entsprechend zunimmt.

Print vs. „Plus“-Konzept – zum Guten und zum Schlechten

Das Problem besteht indessen darin, dass die digitalen Einnahmenströme nur in sehr geringem Umfang den Verlust der Einnahmen aus den Printmedien kompensieren. Aus diesem Grund werden laufend verschiedene Maßnahmen ergriffen, um neue Nichenportale einzurichten oder sogenannte „Plus"-Konzepte zu entwickeln, mit denen die Medienhäuser versuchen, einzigartige digitale Features in einem Spezialangebot zusammenzufassen, um die Nutzer in ein digitales Bezahluniversum für Internet, Tablet und Smartphone einzuführen.

Dieser Gedanke ist völlig richtig, und es steht außer Frage, dass eine redaktionelle Produktion von hochwertigen Inhalten ein zugrunde liegendes Geschäftsmodell benötigen, bei dem die Nutzer für die Inhalte bezahlen. In der Realität stellt sich jedoch die Frage, wie viel Leistung man für das Geld erwarten kann – und was dieses Angebot kosten soll. 

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Bezahlkonzepte werden geprüft – halbherzig

Viele Bezahlkonzepte werden geprüft, und das typische „Plus“-Konzept kostet irgendetwas zwischen 4 und 14 EUR. Tageszeitungen mit 80.000 bis 100.000 Print-Abonnenten haben es geschafft, bis zu 10.000 bezahlende Abonnenten für ihre digitalen Bezahlinhalte zu gewinnen; und beispielsweise die dänischen Zeitungen Ekstra Bladet und Politiken oder das schwedische Aftonbladet haben Bezahlinhalte erfolgreich auf ihren Websites eingeführt. Aftonbladet hat das Konzept sogar ausgeweitet und „Plus Premium“ eingeführt – ein Angebot, das SOWOHL einen digitalen Nachrichtenteil, Unterhaltung und Sport ALS AUCH einen täglichen Zugang zum ePaper über Tablet und Smartphone umfasst. 

Verstecktes Potenzial

Dass man zahlende mobile Nutzer gewinnen kann, wird daran deutlich, dass die Anzahl der Nutzer von ePapers kontinuierlich steigt – gleichzeitig ist aber auch klar, dass bis zu 75 % der Leser unter den bestehenden Abonnenten der gedruckten Ausgabe zu finden sind, für die das ePaper ein kostenloser Bonus ist, den sie erhalten, wenn sie zuvor die gedruckte Ausgabe abonniert haben. Wenn eine Tageszeitung also beispielsweise 10.000 tägliche Downloads des ePapers verzeichnet, haben 7.000 bis 8.000 Leser ein Doppelabonnement und lesen die Zeitung auf dem Papier und dem Tablet/Smartphone, während nur rund 3.000 Leser ein direktes Abonnement ausschließlich für das ePaper abgeschlossen haben. Ohne diese 3.000 ePaper-Abonnenten herabwürdigen zu wollen, lässt sich sagen, dass das Potenzial deutlich größer ist, wenn man Marketing, Verkauf und Preisgestaltung der ePapers an den Markt und die Zielgruppen anpasst, von denen man sich digitales Zeitunglesen verspricht.

Wenn beispielsweise 80.000 Leser die gedruckte Ausgabe einer Zeitung abonnieren, von denen ca. 10 % ZUSÄTZLICH das ePaper täglich lesen, würde ein typischer Benchmark-Wert also besagen, dass es 3.000 reine ePaper-Abonnenten gibt. Wenn beispielsweise ein rein digitales Abonnement 27 EUR pro Monat kostet, liegt der Jahresumsatz bei über 940.000 EUR; und wenn die Zahl der Abonnenten um beispielsweise 10.000 gesteigert werden kann, liegt das Potenzial bei bis zu 3.350.000 EUR pro Jahr – ein Umsatz der – man beachte – mit marginalem Einsatz und Investitionsaufwand erreicht werden kann, da die redaktionellen Produktionskosten bereits in der Produktion der gedruckten Ausgabe enthalten sind.

Wenn sich ein Preispunkt von beispielsweise 27 EUR pro Monat als zu hoch erweist, sieht die Situation anders aus – in diesem Fall muss man deutlich mehr Abonnenten gewinnen, um dieselbe Summe von 3.350.000 EUR zu erreichen, aber die Quintessenz ist hier, dass man zumindest einen Plan erstellt haben sollte, der die sogenannten „Key Strategic Initiatives“ enthält, welche die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung bilden.

Ob ein ePaper – wie im Fall des Aftonbladets – Teil eines „Plus Premium“-Konzeptes zu einem moderaten Mehrpreis von 3 EUR pro Monat sein soll, um das ePaper als Teil des „Plus“-Preises von 3 EUR zu erhalten, oder ob der Preis für das ePaper näher am Abonnementspreis liegen soll, ist abzuwägen. Dazu ist die Sensibilität der Zielgruppe für den Preispunkt von ePapers zu bewerten. Typischerweise wird die Preiselastizität für ePaper vom Zugang zu ergänzenden Produkten beeinflusst, und aus diesem Grund muss man als Medienmanager die Einzigartigkeit des eigenen Produkts als Nichenprodukt oder Lokal-/Regionalzeitung bewerten, damit der Preispunkt eine Optimierung des Gesamterlöses (Total Revenue, TR) sicherstellt, der auf einer optimalen Kombination aus Preis (Price, P) und Menge (Quantity, Q) basiert.

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ePapers als Hebel nutzen

Mit dem richtigen Preispunkt kann der Absatz von ePapers sowohl als Standalone-Produkt als auch als strategisch wichtiges Bundle erfolgen, mit dem entweder „Plus“-Abonnenten gewonnen werden sollen oder die Kundenbindung der Leser der gedruckten Ausgabe gestärkt werden soll, die dann und wann überlegen, ob ihre Zeit überhaupt ausreicht, um die gedruckte Zeitung täglich zu lesen.

Das Ziel für das Medienhaus – und tatsächlich auch für den Leser und die umgebende Gesellschaft – ist die Bereitstellung eines journalistischen Produkts, das den Zugang zu einem priorisierten Nachrichtenstrom überall und jederzeit ermöglicht. In der Diskussion über die Art und Weise, wie die Nutzer für digitale Inhalte bezahlen sollen, scheint die Antwort auf der Hand zu liegen – uns fehlt lediglich die letzte Verpackung eines Produkts, das faktisch ein enormes Potenzial in sich birgt – redaktionell und kommerziell gleichermaßen. 


 

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Jens Funder Berg

Author

Jens Funder Berg

Owner and founder of Visiolink. He has a big passion for sales, marketing, management and IT.