Diskussionsveranstaltung: Daher muss das Kulturerbe der Zeitschrift „Ingeniøren“ online

By Lars Ørhøj | Okt 07 2014 | Cases

Dieser Gastbeitrag wurde von der Journalistin Tine Heinricy geschrieben und erschien ursprünglich am 2. Okt. 2014 auf Ingeniørens Homepage

Die dänische Gesellschaft für historische Technologie (HITEK) kurbelt die Diskussion an, warum es wichtig ist, 200 000 Seiten Ingenieursgeschichte ins Internet zu stellen.

Es herrscht großer Andrang an einem windigen und regnerischen Dienstag, als HITEK im Haus des Ingenieurverbands zu einer Diskussionsveranstaltung einlädt. Im Zentrum des Treffens steht die Digitalisierung des Kulturerbes der Ingenieure.

ingeniøren

Warum ist das so wichtig? Macht das einen Unterschied?

Klaus Thiesen, Vorsitzender von HITEK, eröffnet die Diskussion auf seine ganz eigene Art:

„Ich habe sieben Ausgaben der Zeitschrift ‚Essen und Gäste’ bei mir zu Hause stehen, doch ich verwende sie nicht mehr. Das liegt daran, dass es kein Nachschlagesystem gibt. Wenn ich ein Gericht suche, muss ich sämtliche Ausgaben durchblättern. Das ist hoffnungslos! So geht es einem auch, wenn man etwas in der Geschichte der Ingenieure sucht, und deshalb muss sie digitalisiert werden.“

Bereits jetzt sind dank des Softwareunternehmens Visiolink etwa 100 000 Seiten Ingenieursgeschichte online unter „Kulturarven“ auf www.ing.dk zugänglich. Einer der Arbeitsbereiche des Unternehmens besteht darin, gedruckte Medien fit für die Zukunft zu machen, indem Zeitschriften eingescannt, online zugänglich und durchsuchbar gemacht werden, erklärt Geschäftsführer Jens Funder Berg.

„Durch die Digitalisierung der Zeitschrift der Ingenieure haben wir ein Format geschaffen, das für die Nutzer einfach zu verstehen und zu verwenden ist. Wir haben Farbscans von den Papierseiten gemacht, sodass das Originalaussehen der Seiten online erhalten bleibt“, sagt er.

Für Jens Funder Berg steht es außer Frage, dass sich die Digitalisierung der restlichen Zeitschriften und die bereits digitalisierten Seiten mit Lesestoff großer Beliebtheit erfreuen werden – bei geschichtlich Interessierten ebenso wie bei allgemein Interessierten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die Visiolink in der Medienbranche in vier nordischen Ländern durchgeführt hat.

„Das Interesse für historische Inhalte ist enorm. Wenn man sich die Lektüre einer beliebigen skandinavischen Tageszeitung mit einem durchsuchbaren Archiv ansieht, wird deutlich, dass die Leser in verschiedenen Zeiträumen suchen. Es ist attraktiv, Inhalte vom Tag der eigenen Geburt, über einen ehemaligen Wohnort, über ein großes Ereignis oder zu einem Gedenktag finden zu können“, stellt der Geschäftsführer fest.

Die Digitalisierung der ersten Seiten stellte jedoch ein großes Projekt dar. Visiolink transportierte die gebundenen Ausgaben der Zeitschrift „Ingeniøren“ in die Schweiz zum Unternehmen Supag, das alle Seiten eingescannt hat. Die Texterkennungsarbeit wurde an die norwegische Firma Zissor vergeben.

Die Rohdaten machen 13–14 MB pro Seite aus, und sie sind weiterhin als JPEG- und PDF-Dateien archiviert und so digital verewigt. Dadurch kann man die Seiten auch erneut einlesen, falls es zukünftig einmal ein besseres Texterkennungsprogramm geben sollte.

Das Medienhaus Ingeniøren hat für die vielen Seiten eine Suchmaschine geschaffen, sodass es möglich ist, durch die vorläufig 100 000 Seiten zu navigieren.

Der nächste Redner am Pult kommt dann auch von Ingeniøren. Redakteur Erik Lyngsø-Petersen ist seit bald vier Jahren die treibende Kraft hinter dem Projekt und kann berichten, dass nicht nur der technische Teil des Projekts eine Herausforderung darstellte.

Eine Vereinbarung mit CopyDan – dem dänischen Pendant zur VG Wort – war unvermeidlich, da die Autoren ein Urheberrecht an ihren Texten haben, das nach ihrem Tod für 70 Jahre auf ihre Erben übergeht. Die Lösung für dieses Problem kam vom Kulturministerium.

„Das Digitalisieren der Zeitschriften wäre zum Erliegen gekommen, wenn wir alle Autoren und deren Erben hätten ausfindig machen müssen. Daher einigte man sich auf eine Lizenzvereinbarung zwischen CopyDan und dem Medienhaus Ingeniøren über 400.000 DKK für alle 300 000 Seiten. Ich protestierte lautstark gegen diesen Betrag“, bemerkt Erik Lyngsø-Petersen, während im Saal gelacht wird.

Das Medienhaus übernahm selbst das Risiko für Probleme mit dem Urheberrecht für die ersten 100 000 Seiten aus Zeitschriften von 1892 bis 1940, die jetzt online sind. Daher wurde der Preis für die Lizenzvereinbarung der restlichen 200 000 Seiten auf 267.000 DKK gesenkt, und Ingeniøren kam damit etwas billiger davon.

Die Argumente sind auf dem Tisch, und man ist sich einig, dass die restlichen 200 000 Seiten ebenfalls digitalisiert werden sollten. Doch wie soll das realisiert werden?

Im Saal macht sich Gelächter breit, als Erik Lyngsø-Petersen mit einem Bild mit dem Titel „Crowdfunding?“, einem Restbetrag von insgesamt 1,15 Mio. DKK und einer Kontonummer für das Spendenkonto der HITEK endet. Ein einzelner Teilnehmer zieht sofort ein Zwei-Kronen-Stück aus der Tasche und legt es vor sich auf den Tisch, während er sich auf die Schenkel klopft.

Doch das ist kein Witz. Das Treffen endet mit einer lebhaften Diskussion über die Finanzierung der Digitalisierung der restlichen 200 000 Seiten.

Es ist noch nicht ganz klar, ob der Weg ins Ziel ausschließlich über Crowdfunding führt, doch klar ist, dass Ingenieure gebraucht werden, um das Projekt zu Ende zu bringen.

LESEN SIE AUCH: Bitte sehr – 100 000 Seiten Technologiegeschichte

Lesen Sie ausgewählte Kostproben aus dem Kulturerbe


Lars Ørhøj

Author

Lars Ørhøj

Lars is Visiolink's Chief Marketing Office and an avid a cappella singer in the world acclaimed Danish choir Vocal Line. He has been a part of the media world for over 30 years.